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Interview mit Stefan Laux zu BÜA 1.0 und BÜA 2.0

Berufsfachschule zum Übergang in Ausbildung – BÜA: Ein Erfolgsmodell
Interview mit Stefan Laux

Stefan Laux ist Referatsleiter im Hessischen Kultusministerium und für das Modellprojekt „Berufsfachschule zum Übergang in Ausbildung (BÜA)“ zuständig. Mit seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, der Hessischen Lehrkräfteakademie und der TU Darmstadt als wissenschaftlicher Begleitung initiiert und begleitet er die Ausweitung des Modellprojekts von 26 auf 38 Schulen bzw. Schulverbünde in Hessen – beginnend im Schuljahr 2021/2022 für vier Jahre.

Das Modellprojekt „Berufsfachschule zum Übergang in Ausbildung (BÜA)“ gibt es seit dem Schuljahr 2017/2018. Wie kam es dazu und warum wird es nun erweitert?

Der Übergang von der allgemeinbildenden Schule in die Ausbildung und den Beruf gestaltet sich für viele Jugendliche schwierig. Das sog. Berufliche Übergangssystem umfasst in Hessen zahlreiche schulische und außerschulische Angebote, um Jugendlichen einen guten Start in die Berufs- und Arbeitswelt zu ermöglich. In dieser Fülle von Angeboten das Richtige für sich zu finden, fällt gerade Schülerinnen und Schülern ohne Schulabschluss und mit Hauptschulabschluss schwer. Durch die BÜA erfahren diese jungen Menschen bei der Gestaltung ihrer beruflichen Zukunft intensive Unterstützung und Begleitung. Um dies flächendeckend in ganz Hessen zu ermöglichen, konnten sich 2020 weitere Schulen um die Teilnahme an dem Modellprojekt BÜA bewerben. Gleichzeitig wird der Übergangsbereich durch den Wegfall der einjährigen höheren Berufsfachschule verschlankt und mehr Jugendliche können dem Ausbildungs-/Arbeitsmarkt zugeführt werden.

An welchen Schulen bzw. Schulverbünden können Jugendlichen die BÜA besuchen?

In ganz Hessen gibt es ab dem Schuljahr 2021/2022 38 Schulen, die BÜA anbieten. Im städtischen Raum genauso wie in ländlichen Regionen erproben die Schulen alleine oder in Kooperation mit benachbarten Schulen als Schulverbund die neue Schulform und geben Jugendlichen Einblicke in 20 verschiedene berufliche Schwerpunkte:

  • Adolf-Reichwein-Schule, Limburg
  • Aliceschule, Gießen
  • Arnold-Bode-Schule, Kassel
  • August-Bebel-Schule, Offenbach
  • Berta-Jourdan-Schule, Frankfurt/Main
  • Berufliche Schulen Groß-Gerau, Groß-Gerau
  • Berufliche Schulen des Landkreises Waldeck-Frankenberg, Korbach/Bad Arolsen
  • Berufliche Schulen Gelnhausen, Gelnhausen
  • Berufliche Schulen Rheingau, Rheingau
  • Berufsschulcampus Schwalmstadt, Schwalmstadt
  • Bethmannschule, Frankfurt/Main
  • Edith-Stein-Schule/Antoniushaus, Hochheim
  • Eduard-Stieler-Schule, Fulda
  • Elisabeth-Knipping-Schule, Kassel
  • Erasmus-Kittler-Schule, Darmstadt
  • Friedrich-Ebert-Schule, Wiesbaden
  • Friedrich-List-Schule, Kassel
  • Gewerblich-technische Schule Offenbach, Offenbach
  • Gewerbliche Schulen des Lahn-Dill-Kreises, Dillenburg
  • Hans-Viessmann-Schule, Frankenberg
  • Herwig-Blankertz-Schule, Hofgeismar
  • Herwig-Blankertz-Schule, Wolfhagen
  • Kerschensteinerschule, Wiesbaden
  • Klinger-Schule, Frankfurt/Main
  • Konrad-Adenauer-Schule, Kriftel
  • Konrad-Zuse-Schule, Hünfeld
  • Ludwig-Erhardt-Schule, Frankfurt/Main
  • Ludwig-Geißler-Schule, Hanau
  • Martin-Luther-King-Schule, Kassel
  • Max-Eyth-Schule, Kassel
  • Oskar-von-Miller-Schule, Kassel
  • Paul-Julius-von-Reuter-Schule, Kassel
  • Peter-Behrens-Schule, Darmstadt
  • Philip-Holzmann-Schule, Frankfurt/Main
  • Reichspräsident Friedrich-Ebert-Schule Fritzlar, Fritzlar
  • Stauffenbergschule, Frankfurt/Main
  • Theodor-Heuss-Schule, Offenbach
  • Theodor-Heuss-Schule, Wetzlar
  • Werner-von-Siemens-Schule, Wetzlar
  • Willy-Brandt-Schule, Kassel

Was zeichnet die BÜA besonders aus?

Gemeinsam mit der ausbildenden Wirtschaft, den zuständigen Kammern und der Agentur für Arbeit arbeiten Lehrkräfte und sozialpädagogisches Personal intensiv mit den Jugendlichen (und ihren Erziehungsberechtigten) an einer umfassenden beruflichen Orientierung, der Stärkung ihrer fachlichen und überfachlichen Kompetenzen sowie ihrer erfolgreichen Vermittlung in eine duale Berufsausbildung und einen guten Start in diese.

In der BÜA gibt es ein Fach, das es in keiner anderen Schulform gibt: den Profilgruppenunterricht. Hier erhalten die Jugendlichen im Anschluss an eine Potenzialanalyse die Möglichkeit, Berufsbilder zu erkunden, die persönliche Eignung damit abzugleichen. Darüber hinaus bekommen sie Unterstützung beim Bewerbungsprozess.

Wann sehen Sie die Arbeit der Schulen und ihrer Kooperationspartner als erfolgreich an?

Die Arbeit ist dann erfolgreich, wenn alle Schülerinnen und Schüler die bestmögliche Förderung erhalten, um ihren angestrebten Schulabschluss zu erreichen und/oder eine realistische berufliche Perspektive für sich entwickelt zu haben. Wenn dann noch der Übergang an eine weiterführende Schule klappt bzw. der Start ins Berufsleben gelingt und sich beruflicher Erfolg einstellt, können alle Beteiligte sehr zufrieden sein.

Und wie gelingt das?

Kompetente und engagierte Lehrkräfte, umfassende sozialpädagogische Begleitung und Unterstützung der Lehrer- und Schülerschaft, funktionierende Netzwerkarbeit, die die Möglichkeiten der Schulen, örtliche Gegebenheiten und Bedürfnisse der regionalen Wirtschaft berücksichtigt sind die wichtigsten Gelingensfaktoren.

Welche Rolle spielen die Sozialpädagoginnen und -pädagogen in der BÜA genau?

Sozialpädagoginnen und -pädagogen sind Ansprechpersonen für Schüler-, Eltern- und Lehrerschaft - egal ob bei schulischen, persönlichen und/oder familiären Problemen und Unsicherheiten. Die Jugendlichen und ihre Eltern finden hier kompetente und zur Verschwiegenheit verpflichtete Gesprächspartnerinnen und -partner. Sozialpädagoginnen und -pädagogen unterstützen die Arbeit der Lehrkräfte z. B. durch die Begleitung im Profilgruppenunterrichts, bei Fördergespräche und bei der Praktikumsbetreuung.

Welchen Beitrag leisten die Kooperationspartner vor Ort?

Damit Jugendliche fundierte und realistische Berufswahlentscheidungen treffen können, ist es wichtig, dass sie über die Anforderungen, die in den verschiedenen Berufen gestellt werden, Bescheid wissen und sich „ein Bild“ von den Berufen machen können. Durch die Kooperationspartner und ihre Angebote, wie Gespräche mit Ausbilderinnen, Ausbildern und Auszubildenden, Betriebserkundungen und Simulation von Vorstellungsgesprächen gelingt dies. Ganz besonders wichtig sind die Betriebspraktika, in denen die Jugendlichen die Berufe in Phasen von bis zu acht Wochen erproben und in die Arbeitswelt hineinschnuppern können.

In der BÜA gibt es verschiedene Abschluss- und Anschlussmöglichkeiten für die Jugendlichen. Warum ist dies so und welche Anschlussmöglichkeiten empfehlen Sie?

Die BÜA ermöglicht den Jugendlichen, sich auf ihre Stärken zu konzentrieren, an ihren Schwächen zu arbeiten und durch die umfassende berufliche Orientierung eine fundierte und realistische Berufswahlentscheidung zu treffen.
Jugendliche ohne Schulabschluss bzw. mit berufsorientierendem Abschluss können in der BÜA den Hauptschulabschluss erwerben und werden für die Aufnahme eines dualen Ausbildungsberufs vorbereitet. Bei erfolgreichem Abschluss dieser Ausbildung können sie ggf. auch den Mittleren Bildungsabschluss zuerkannt bekommen und sich über betriebliche und/oder außerbetriebliche Einrichtungen, wie z. B. die Kammern weiterqualifizieren.
Jugendliche mit (qualifizierendem) Hauptschulabschluss können abhängig von den erbrachten Leistungen in der BÜA den mittleren Schulabschluss erwerben. Daran können sich anschließen: duale Berufsausbildung oder weiterführende Schulen (z. B. Fachoberschule und Berufliches Gymnasium). Außerdem ist es möglich, im Rahmen der dualen Berufsausbildung die Fachhochschulreife zu erlangen, um im Anschluss an die Berufsausbildung ein Studium aufzunehmen.
Um dem Arbeitsmarkt frühzeitig zur Verfügung zu stehen, dort Karriere zu machen, eigenes Geld zu verdienen und schnell selbständig und unabhängig zu werden, empfehlen wir, das erste Jahr der BÜA (Stufe I) zu nutzen und den Übergang in die duale Berufsausbildung vorzubereiten. Denn mit dem erfolgreichen Abschluss der Berufsausbildung können gleichzeitig weitere Schulabschlüsse erlangt werden; hier der Überblick:

Schulabschluss bei Ausbildungsbeginn       Möglicher Schulabschluss nach erfolgreichem Berufsabschluss
Kein Schulabschluss   Hauptschulabschluss
erufsorientierender Schulabschluss   Hauptschulabschluss
(qualifizierender) Hauptschulabschluss   Mittlerer Abschluss
Mittlerer Abschluss   Fachhochschulreife

Welche Erwartungen haben Sie an die Erweiterung des Modellprojekts?

Ich wünsche mir, dass die BÜA an den zwölf neuen und 26 alten Standorten erfolgreich eingeführt bzw. fortgeführt wird, sich die Lehrkräfte, Sozialpädagoginnen und -pädagogen mit Kompetenz, Engagement und Herz für die Jugendlichen einsetzen und mit ihnen arbeiten. Es wäre ein großer Erfolg, wenn die Absolventinnen und Absolventen dieser Schulform gerne auf ihre Schulzeit zurückblicken und dank BÜA erfolgreich ihren Berufs- und Lebensweg (entsprechend ihrer Kompetenzen und Vorstellungen sowie unter Berücksichtigung der regionalen Gegebenheiten) gestalten könnten. Sie würden damit tragende Säulen der Wirtschaft und der Gesellschaft sein.

Reichspräsident-Friedrich-Ebert-Schule
Schladenweg 41 | 34560 Fritzlar | Tel.: (05622) 915358
Hans-Staden-Allee 12 | 34576 Homberg (Efze) | Tel.: (05681) 930343